Opel will Brennstoffzellen-Auto bis 2010 auf den Markt bringen Prototyp präsentiert / Hohe Spritpreise treiben Suche nach alternativen Brennstoffen an / Forschungsvorsprung deutscher Hersteller schrumpft
BERLIN, 26. Mai. Sie ist klein, nicht größer als ein Mikrowellenherd. Sie soll die Welt aus der Öl-Abhängigkeit befreien, der Autoindustrie neuen Schwung geben und die weltweite Luftverschmutzung stoppen: die Brennstoffzelle, die Autos mit Wasserstoff antreibt und keine schädlichen Abgase erzeugt. "Die Brennstoffzelle hat das Potenzial zur Schlüsseltechnologie", schwärmt Professor Wolfgang Winkler vom Verband deutscher Ingenieure (VDI) und bei DaimlerChrysler heißt es, "die Vision für den Autoantrieb der Zukunft ist eindeutig die Brennstoffzelle". Im Rennen um die Technologie der Zukunft sind Konzerne rund um den Globus dabei. Noch sind die deutschen Hersteller Vorreiter. Doch Japaner und Amerikaner holen auf.
Technische Probleme
Am Mittwoch präsentierte der Autohersteller Opel seinen neuen Prototyp, den "HydroGen3". Bis zum Jahr 2010 will Opel ein Wasserstoff betriebenes Brennstoffzellen-Auto auf den Markt bringen. "Die Haltbarkeit und die Leistung stimmen bereits, jetzt muss es nur noch bezahlbar werden", sagte Vorstandsvorsitzender Carl-Peter Forster bei der Präsentation. Opel und seine US-Mutter GM haben bislang rund eine Milliarde Dollar in die Entwicklung der Brennstoffzellen-Technik investiert.
DaimlerChrysler, das 1994 als erster Autobauer ein Brennstoffzellen-Auto präsentierte, testet die neue Technologie seit langem. Derzeit fahren Brennstoffzellen-Busse von Daimler auf Spaniens Straßen und Dutzende von wasserstoffgetriebenen A-Klasse Mercedes touren auf Probefahrt durch Deutschland.
Während Opel im Jahr 2010 ein Modell auf den Markt bringen will, so deuten andere Autohersteller eher auf die Jahre 2020 oder 2030. Viele Experten argwöhnen, dass die Autoindustrie die Entwicklung des Öko-Autos verschleppt, weil es die herkömmlichen Benzin- und Diesel-Modelle überflüssig machen würde.
Doch noch sind zahlreiche technische und wirtschaftliche Probleme ungelöst, die Anfangseuphorie in Sachen Wasserstoffantrieb hat sich in den vergangenen Jahren aufgelöst. So wiegt die 300 Kilo schwere Antriebseinheit des HydroGen3 von Opel mit 300 Kilo rund 100 Kilo mehr als ein Dieselmotor. Viele der neuen Wagen benötigen als Brennstoff reinen Wasserstoff, der erst aufwändig aus Kohlenwasserstoff-Verbindungen gewonnen werden muss. Und schließlich sind die Bauteile anfällig, vor allem die haudünnen Kunststoffmembranen in den Brennstoffzellen. Bei Temperaturen unter null Grad können sie einfrieren. Folge: Totalschaden. Zudem gibt es noch so gut wie keine Wasserstoff-Tankstellen
Zu den Problemen der Technik gesellen sich die der Kosten. Bei einer Jahresstückzahl von 100 000 Fahrzeugen ist die Brennstoffzelle heute zehn Mal so teuer wie ein Verbrennungsmotor. Die Probe-Busse von DaimlerChrysler etwa kosten rund 1,25 Millionen Euro pro Stück - etwa sechs Mal so viel wie ein Dieselbus. Ihre Reichweite liegt dagegen bei 200 Kilometern, ein Diesel schafft das Fünffache.
Vor allem japanische Hersteller setzen aus diesen Gründen auf die Hybrid-Technik - einer Kombination aus Elektro- und normalem Otto-Motor, der als Zwischenstufe zum Brennstoffzellenmotor gilt. Honda und Toyota haben bereits serienreife Modelle entwickelt und mehr als 10 000 Autos mit Hybrid-Antrieb verkauft. Daneben arbeiten Nissan, Suzuki und Honda fieberhaft an echten Wasserstoff-Autos.
Deutschen Konzernen droht nun der Verlust ihrer Führerschaft. "Es droht die Gefahr, dass die Entwicklung zu serienreifen Produkten weitgehend im Ausland stattfindet und Deutschland seine führende Stellung bei der Entwicklung der neuen Technologie verliert", warnt Winkler, Chef des VDI-Fachausschusses Brennstoffzellen.
Entscheidend beim Rennen um die Autotechnologie der Zukunft ist der chinesische Markt. BMW hat ein Wasserstoff-Engagement in China gestartet, den BMW "Clean Energy". Daimler liefert im nächsten Jahr Brennstoffzellen-Busse zum Test nach Peking. Vom chinesischen Staat erwarten viele den Startschuss zur Massenfertigung. Denn China will die Luftverschmutzung in den großen Städten reduzieren. Wenn China das Brennstoffzellen-Auto will, so heißt es, dann wird es auch bald kommen.
Trotz aller Probleme sind die Testfahrer des Opel "HydroGen3" zufrieden. "Wenn das", so einer der Testfahrer, "was ich heute erlebt habe, die Fortbewegung der Zukunft ist, dann kann sie kommen."