Heute kam es endlich zum Gerichtsprozeß gegen die Haftpflichtversicherung meiner Unfallgegnerin (Person 2)
Leider konnte heute kein Urteil gefunden werden. Fortschritte hingegen sind jedoch gemacht worden.
Kurz zum Unfall geschehen. Die vor mir fahrende Person 1 kam ins schleudern und rutschte auf den Bürgersteig, wo sie zum Stillstand kam. Da ich aufgrund von Glatteis nicht mehr zum stehen kam und auch der versuch auszuweichen fehlschlug rutschte ich mit ca. 30 km/h auf das vor mir fahrende Fahrzeug. Ca 1 bis 2 Sekunden später krachte mir dann Person 2 in mein Heck.
Die beklagten Seite versuchte nun Bremswegverkürzung geltend zu machen, doch die Richterin gab dem nicht recht, da, wenn ich als Idealfahrer gefahren wäre schon vor dem Auto von 1 zum stehen gekommen wäre. Da ich aber draufgerutscht bin, hat sich der Bremsweg faktisch verlängert. Von der Beklaktenseite nun vorgebracht, daß die Straße dadurch zu war und keine Ausweichmöglichkeit vorhanden war, riegelte mein Anwalt ab, da dieser Fakt von den Beklagten zu spät gemeldet worden war (erst zum Gerichtstermin) und mein Anwalt sich damit nicht darauf vorbereiten konnte. Richterin gab ihm recht. Es steht allerdings noch offen, ob mir die Nutzungsausfallentschädung zustände, da mein Fahrzeug hinten und vorne gleichzeitig repariert wurde. Für das Gutachten vom Heckschaden liegt eine veranschlagte Zeit von 5 bis 6 Arbeitstagen zu grunde. Dazwischen liegt noch ein Wochenende. Mein Anwalt will nun für 9 Tage a 38 Euro geltend machen. Die beklagte Versicherung will für 0 Tage zahlen, und behauptet auch, das Auto wäre nur 35 Euro wert. Den Wert kann das Gericht aufgrund von Tabellen feststellen, allerdings bleibt der Streitfall an den Tagen hängen. Konnte wie gesagt heute nicht geklärt werden. Desweiteren beruft sich die beklagte Partei nun auf das Nutzungsrisiko für PKWs (25% müßte ich selber Tragen, 30% sind es derzeit). Nach der Gerichtsverhandlung heute, die wie schon oben genannt ohne Ergebnis verlief, fragte mich mein Anwalt, ob er einen Vergleich unterbreiten solle - 50% des Streitwertes. Sprich, ich würde noch 15% der Reperaturkosten selber Tragen müßen, sofern die Gegnerseite einwilligt, oder den Prozeß bis zum Ende führen. Ergebnis, Sekt oder Selters. Die Richterin schien die Prozeßzeit über auch eher zur Klägerseite, also auch mir tendieren.
Nun meine Frage, wie stehen die Chancen, volle 100% erstattet zu bekommen, oder wäre es intelligenter einen Verlgeich anzustreben?
"Coram iudice et in alto mare in manu dei soli sumus"
"Vor Gericht und auf hoher See sind wir allein in Gottes Hand" ...
Da kann Dir nur Dein Anwalt raten wie die Erfolgsaussichten für einen 100%igen Schadensersatz sind. Ich zitiere aus einem "Versicherungslexikon:
Der Halter eines Kraftfahrzeuges haftet nach § 7 StVG (Kraftfahrzeughaftung), wenn durch den Betrieb des Fahrzeugs ein Mensch zu Schaden kommt oder eine Sache beschädigt wird.......Die Haftung ist nur ausgeschlossen, wenn der Halter oder Fahrer darlegen und beweisen kann, dass der Schaden durch höhere Gewalt verursacht worden ist. Relevant ist die Betriebsgefahr in den Fällen, in denen der Unfallgegner den Schaden (mit-)verschuldet hat. Denn aus der Betriebsgefahr haftet der Halter/Fahrer, auch wenn ihm kein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen ist, zumindest teilweise mit. Regelmäßig nimmt die Rechtssprechung für die Betriebsgefahr eines KFZ 20-30% Haftungsbeteiligung an.
Ja...die Frage ist eben, ist mir ein Mitverschulden des Unfalls vorzuwerfen? Da es keine Bremswegverkürzung gibt, also weil diese von der Richterin als lächerlich und unhaltbar inzwischen abgewiesen wurde. Der Weg war teilweise blockiert. In Schrittgeschwindigkeit sind nachweißlich noch Fahrzeuge an der Unfallstelle vorbei gefahren.
PS: Photos von dem Unfall gibt es wohl nicht, da die Bullerei lediglich mit der Kamera rumgespielt hat, aber nichts aufgenommen hat. Haben sogar beide Anwälte drüber gefeigst. Denn bei den Bullen heißt es dann jedesmal: "Es gab eine techn. Panne." Ist also schon des öfteren vorgekommen.
Mitverschulden oder nicht spielt für die Betriebsgefahr die von Deinem KFZ ausgeht keine Rolle:
Im Verkehrsrecht bezeichnet die Betriebsgefahr die Gefahr die allein von der Benutzung oder des vorhanden sein im Straßenverkehr eines Fahrzeuges ausgeht. Die Betriebsgefahr ist eine verschuldensunabhängige Haftung. Sie greift auch dann, wenn ein Fahrer gegen keine Verkehrsregel verstoßen und auch keinen Fahrfehler begangen hat. Der Grund liegt darin, dass allein durch den Betrieb eines Kraftfahrzeuges - seine Geschwindigkeit und Masse - Gefahr für Personen und Sachen ausgeht. Ein Autofahrer kann deshalb allein aufgrund der Betriebsgefahr seines Wagens haften, ohne dass er etwas falsch gemacht hat.
Hierzu folgender kurioser Fall: Auf einer schmalen Straße kam einem Autofahrer eine Großraumlimousine entgegen. Durch die Dimension des Fahrzeuges, seinen gewaltigen Ausmaßen eingeschüchtert, wich der Autofahrer nach rechts aus und geriet dabei mit seinem Fahrzeug ins Schleudern, wobei der Fahrer verunglückte. Obwohl die Fahrerin der Großraumlimousine keinen Fahrfehler begangen hatte, entschied das Gericht, dass sie zur Hälfte für den Schaden aufzukommen habe. Nach Ansicht des Gerichts genüge für die Haftung, dass der Betrieb ihres Pkw den Unfall irgendwie mit veranlasst habe. (OLG Hamm, 27 U 62/00)
So etwas ähnliches musste ich auch schon mal erleben, mir fuhr aus einer nicht einsehbaren Fläche auf einem Bundesbahngelände ein anderer dermaßen vor die Nase, das ich nicht einmal den Fuß auf die Bremse bekam obwohl ich nur im Schrittempo unterwegs war und der Unfallgegner Verbotenerweise auf diesem Geländes unterwegs war so daß ich nicht damit rechnen mußte das von dort jemand kam. Mir wurden 20% von meinem Schaden abgezogen ,allein begründet aus der Betriebsgefahr die von meinem Fahrzeug ausgeht. Also Vorsicht !
sowohl die Bremswegverkürzung als auch die Betriebsgefahr vom eigenen Fahrzeug ausgehend kommen hier durchaus in Betracht. Wenn das Argument der Bremswegverkürzung durch die Rüge verspäteten Vorbringens ausgeknippst wurde, bleibt immer noch die Betriebsgefahr, so daß ich aus der Ferne betrachtet, ohne Kenntnis der Akte oder gar eines zu dem Fall gefertigten Gutachtens, dazu komme, daß 15% für den Heckschaden ein recht guter Deal sind. Die "Bibel" zum Thema: Christian Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 11.Auflage, C. H. Beck München 2008, ISBN 978-3-406-58186-1.
Bei der Frage der Nutzungsausfallentschädigung wegen der Reparatur in der Werkstatt gehe ich zunächst mal davon aus, daß das Auto nicht fahrbereit war. Grundsätzlich fehlt Dir dann auch das Auto am Wochenende, weshalb ich keinen Grund gegeben sehe, hier nicht zu leisten. Zum Wochenende sei zudem bemerkt, daß die Versicherung sich auf die Schadensminderungspflicht berufen wird, wenn ruchbar wird, daß das Auto fahrbereit am bspw. Freitag zur Werkstatt kam, aber erst am Montag mit der Reparatur begonnen wurde. Weiter steht Dir eine gewisse Bedenkzeit (bis zu 5 Tagen) zu, in der Du Dir überlegst, ob eine Reparatur sinnvoll ist und wo Du sie erledigen lassen willst. Diese Bedenken kannst Du jedoch nur mit Hilfe von Kostenvoranschlägen der Werkstätten zu Ende bringen, die aber nur werktags auf haben, so daß auch hier das Wochenende erstattungsfähig ist. Zur Höhe der Nutzungsausfallentschädigung sei gesagt, daß es dort Fahrzeugklassen gibt, nach denen sich die Entschädigung bemisst. Je höher, um so mehr. Jedoch wird das Alter des Kfz in die Betrachtung dergestalt mit einbezogen, daß es ca. für 5 Jahre eine Klasse weniger gibt. (Juristisches Pi * Daumen) 9Tage à €38,- scheinen nicht unverschämt, wobei ich eher bei dem Tagessatz das Fragezeichen sehe als bei der Anzahl der Tage.
Dein Anwalt muß Dir übrigens den Weg vorschlagen, den er für "am sichersten" hält, nicht den, der unter optimalen Umständen das meiste einbringt. Das scheint er auch zu tun! Ich kann Dir leider nur allgemeine Hinweise geben, da ich den Fall in seinen Einzelheiten nicht kenne, so daß ich nur raten kann, den Fähigkeiten Deines Anwalts zu vertrauen.
Der Bremsweg kam nicht wegen der Verspätungsrüge aus dem Verfahren, sondern hat die Richterin ihn mit der Begründung ausgeknippst, daß, wenn ich Idealfahrer gewesen wäre ja vor dem mir fahrenden Fahrzeug zum stehen gekommen wäre. Somit also min. einen halben Meter davor. Da ich aber reingefahren bin, habe ich den Bremsweg sogar verlängert, so die Richterin. Meine Versicherung hätte die vor mir fahrende Person wegen Bremswegverkürzung belangen können, hat aber von sich aus 100% gezahlt. Mit der Verspätungsrüge wurde das "Nicht ausweichen Können", weil ich (angeblich) quer stand abgewehrt. War heute wieder bei meinem Rechtsbeistand und er sagte mir auch, daß das Maß meiner Versicherung, nicht auf das Maß der Versicherung der Streitgegner gelegt werden könne. Er meinte zwar, die Chancen würden etwa 60:40 stehen, daß wir volle 100% durchbekommen, aber riet mir, einen Vergleich vorzutragen,da er wie Kwang der Meinung ist, 15% sind bei diesem Fall vertretbar. Wenn die Versicherung allerdings ablehnt, würde bis zum bitteren Ende gestritten werden. Also werde ich wohl zu ersteinmal mit dem Vergleich mein Glück versuchen.