Am anderen Ende der Erde steht die Formel 1-Welt Kopf: Die bei den Winter-Tests dominierenden Ferrari hatten in der Qualifikation von Melbourne keine Chance gegen McLaren-Mercedes und BMW. Kimi Räikkönen kam nicht über das erste Teilstück heraus - und in dem schaffte er nur eine fliegende Runde.
"Ein paar Kurven vor dem Ende meiner Auslaufrunde hatte ich ein elektrisches Problem mit der Benzinpumpe; sie förderte nicht mehr", ärgerte sich der Weltmeister. "Ich schaffte es nicht mal mehr zurück an die Box, sodass das Problem auch nicht mehr behoben werden konnte."
Die Ferrari-Mechaniker schoben den Boliden zwar zurück an die Box. Aber wegen Inanspruchnahme fremder Hilfe außerhalb der Boxengasse durfte der Finne nicht mehr am Rest der Qualifikation teilnehmen. Er geht nur vom 15. Startplatz aus ins Rennen.
Sein Teamkollege Felipe Massa machte es nicht besser. Der Brasilianer hatte das ganze Wochenende über Probleme, sich auf die neue Technik ohne elektronische Fahrhilfen einzustellen. "Das Fehlen der Stabilitätskontrolle von der Motorbremse macht sich hier besonders bemerkbar", zeigte Sebastian Vettel Verständnis. "Denn die Anbremszonen sind sehr uneben. Da blockiert schnell mal die Hinterachse." Genau das passierte Massa fortwährend. Mehr als Startplatz vier war so nicht drin.
Kubica überrascht Silberpfeile
Die großen Nutznießer der Ferrari-Krise waren Mercedes und BMW. Lewis Hamilton holte sich die Pole - aber nur, weil Robert Kubica in seinem letzten Anrennen auf die Bestzeit kurz von der Strecke abkam und spektakulär über den Grünstreifen driftete. "Das ist der Stil der neuen Zeit", verwies der Pole auf die neuen Qualifikations-Regeln, nach denen man 2008 erstmals mit jener Benzinmenge ins letzte Quali-Drittel gehen muss, mit der man auch das Rennen startet. Letztes Jahr durfte der Tank vor der letzten Zeitenjagd noch leer gefahren und vorm Rennen teilweise wieder befüllt werden.
"Die Autos sind dieses Jahr in der Qualifikation entsprechend schwerer. Das macht es auch schwieriger, die optimalen Bremspunkte zu treffen, wenn man auf einer fliegenden Runde alles riskiert", fügte Kubica hinzu.
Dass der Pole das Mercedes-Duo aus Hamilton und Heikki Kovalainen sprengen konnte, war die zweite große Überraschung der Qualifikation. Denn freitags hatten die BMW noch gelegen wie ein Schluck Wasser in der Kurve. "Auf Strecken ohne viel Gummiabrieb auf der Bahn ist unser neues Auto sehr schwer abzustimmen, weil es so komplex ist", begründet Kubica den Aufschwung. "Heute waren die Bedingungen besser."
Das lag freilich nicht nur am Haftbeiwert des Asphalts. "Es war deutlich kühler, und der Wind hat sich gedreht", fiel Honda-Fahrer Jenson Button im Cockpit auf. Das kam dem BMW zupass: Der Wind prallte nicht mehr so häufig seitlich auf den Boliden, der viel seitenwindempfindlicher ist als die McLaren-Mercedes.
Leerer Tank - schnelle Runde
Und BMW wagte bei Kubica einen Poker mit weniger Benzin als McLaren - und auch als Teamkollege Nick Heidfeld, der sich auf Startplatz fünf qualifizierte.
Die Tankfüllung fällt im Albert Park schwer ins Gewicht: Pro Runde werden 2,9 Kilogramm Benzin verbraucht - mehr als auf vielen anderen Strecken. Und zehn Kilogramm mehr oder weniger Treibstoff an Bord machen "down under" gleich einen Zeitunterschied von vier Zehntelsekunden aus. Kubica konnte sich mit dem leichten BMW zwar weit vorn qualifizieren. Aber er wird dafür auch deutlich früher zum ersten Tankstopp einrücken müssen als seine direkten Gegner. Damit fällt er früh dem hart umkämpften Mittelfeld in die Fänge, seine Rundenzeiten werden langsamer ausfallen - und er seine gute Ausgangsposition deswegen kaum in ein ähnlich starkes Renn-Resultat ummünzen können.
Die einzige Hoffnung des Krakauers: Eine frühe Gelbphase, die seine riskante Taktik doch noch aufgehen lassen könnte, weil dann die konservativ gepolten Gegner die Gelackmeierten sind.
Heidfelds fünfter Startplatz ist eine realistische Standortbestimmung für BMW. Und hinter dem Mönchengladbacher wird die Formel 1 zur Formel Deutsch: Vier der fünf schwarz-rot-goldenen Teilnehmer schafften es unter die Top 10.
Deutsche stürmen Top Ten
Nico Rosberg fuhr eine perfekte Qualifikation und stellte sich auf Rang 7. "Damit hatte ich nach den vielen Problemem am Freitag nicht gerechnet", räumte der Wiesbadener ein. "Nach den Schwierigkeiten am Getriebe und am Differenzial habe ich mich so gut wie überhaupt nicht vorbereiten können. Ich kam ja kaum zum Fahren. Wir sind mit einem Auto in die Qualifikation gegangen, das im Prinzip noch genau so da stand, wie es aus dem Flugzeug kam. Dafür war die Qualifikation sehr gut. Das einzige, was mich nervt, ist, dass Jarno Trulli vor mir steht. Aber da bin ich mir nicht sicher, ob der nicht mit den Benzinmengen gespielt hat. Das werden wir im Rennen sehen."
Trullis Teamkollege Timo Glock hätte sich im Toyota überraschend auf Platz 9 qualifizieren können. "Aber im Vormittagstraining ist mein vierter Gang kaputt gegangen", bedauerte der Odenwälder. "Wir mussten das Getriebe wechseln." Das bringt ihm eine Strafversetzung um fünf Plätze ein. Abends brummten ihm die Sportkommissare gleich noch weitere fünf Straf-Plätze auf, weil er Mark Webber auf einer von dessen schnellen Runden übersehen hatte.
Sebastian Vettel wurde seinem eigenen Anspruchsdenken gerecht und schaffte es in die Top 10, obwohl selbst sein Team-Mitbesitzer Gerhard Berger daran gezweifelt hatte. Doch im letzten Quali-Segment kam er nur eineinhalb Runden zum Fahren. "Dann gab es alarmierende Entwicklungen im Bereich der Temperaturen und Drücke im Heck, wir mussten aufhören." Das Resultat: Startplatz 9, von der Glock-Strafe profitierend.
Lediglich Adrian Sutil konnte die deutschen Flaggen nicht hochhalten. Der Gräfelfinger startet am Sonntag aus der Boxengasse. Er hatte sich im ersten Quali-Drittel gedreht, nachdem eine Seitenwind-Böe ihn von der Ideallinie verweht hatte. "Ich habe mich gedreht und bin auf einen Kerb gerutscht. Dabei habe ich das Monocoque zerstört." Der Wechsel ins Ersatzfahrzeug bedingt die Versetzung auf den letzten Startplatz.
Aus Melbourne berichtet Norbert Ockenga / Eurosport
Das hat noch nicht viel zu sagen, die BMW's waren definitiv leer. Ferrari konnte die Performance wegen Defekt nicht zeigen. Bei McLaren wird auch nicht viel drin sein, die waren fast 2 sec. schneller, als zum Beispiel die Williams. Erstmal abwarten, ich glaube morgen siehts anders aus!
Klausis Rennanalyse: Das Wegfallen der Traktionskontrolle bringt etwas mehr Spannung, aber überholt wird mir immer noch zu wenig.
Die McLaren sind wirklich schnell, was aber auch viel von der gewählten Taktik abhing. Hamilton war heute aber unschlagbar. Ferrari ist nach Blödheit und defekten Autos immer noch schwer einzuschätzen, denke aber, die sind fast genauso schnell. Massas Rempler gegen Coulthart hätte meiner Meinung nach eine Strafe nach sich ziehen müssen, aber das hatte sich ja dann eh erledigt. BMW und Williams sind sich ebenbürtig und gleich dahinter, können wohl aber (im Moment) nur gewinnen, wenn vorne Fehler gemacht werden. Renault ist wohl im Winter unterschätzt worden, obwohl heute wohl auch viel Glück im Spiel war und die so weit vorgespült wurden. Schade finde ich den Ausfall von Sebastian Bourdais im Toto Rosso. Ich habe den schon öfters bei den Champcars beobachtet und denke von dem ist noch einiges zu erwarten. Auch Vettel ist kein langsamer, aber der kam ja nur bis zur ersten Kurve. Toyota und Honda sind vorletzter. Definitiv zu langsam um aufs Podest zu fahren. Von Force India und Super Aguri brauchen wir nichts zu erwarten, denn die fahren im Prinzip Vorjahresmodelle ohne Modifikation. Das ehemalige Spyker Team hatte gar keinen Test im Winter und Super Aguri nur einen, auf Grund von Geldmangel.